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Selbstmordattentat in Afghanistan - "Kriegsklausel" greift

Bundeswehr muss verletzten Soldaten anstelle privater Unfallversicherung entschädigen.

Für Bundeswehrsoldat M. wurde der Albtraum wohl eines jeden in Afghanistan eingesetzten Soldaten wahr – er wurde bei einer Patrouille im Raum Kunduz Opfer eines Anschlags durch einen Selbstmordattentäter, der sich in die Luft sprengte als M. mit seinem Geländewagen unmittelbar an ihm vorbeifuhr. Ein gezielter Anschlag, der seine tödliche Wirkung nur knapp verfehlte. Durch die Wucht der Detonation und absplitternde Teile des Fahrzeugs wurde M. schwerstverletzt und trug dauerhafte Gesundheitsschäden davon.

Soldat M. meldete den Vorfall seiner privaten Unfallversicherung, die eine Eintrittspflicht unter Berufung auf die in den allgemeinen Versicherungsbedingungen üblicherweise vorgesehene sogenannte „Kriegsklausel“ ablehnte, nach der Versicherungsschutz für „Unfälle, die unmittelbar oder mittelbar durch Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse verursacht sind“ ausgeschlossen ist.

Ordnungsgemäß war Soldat M. vor Antritt des Auslandseinsatzes von seinem Dienstherrn dahingehend informiert worden, dass bei Berufung eines privaten Versicherers auf die sogenannte „Kriegsklausel“ eine Entschädigung ersatzweise nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Betracht komme. Den nun wegen der Leistungsablehnung seines privaten Unfallversicherers vom Soldaten M. gestellten Antrag auf Schadensausgleich lehnte die zuständige Wehrbereichsverwaltung jedoch ab: Soldat M. sei nur versicherte Person – nicht Versicherungsnehmer, da die Police seinerzeit von seinem Vater abgeschlossen wurde. Ein Ausgleich des Schadens der unterbliebenen Versicherungsleistung komme deshalb nicht in Betracht. Ein Schadensausgleich beim Ausfall von Versicherungen, die von anderen Personen abgeschlossen wurden, sei ausgeschlossen.

Hierbei irrte die Wehrbereichsverwaltung rechtlich in mehrerlei Hinsicht und versagte dem Soldaten M. zu Unrecht einen Schadensausgleich:

Ein Ausgleich nach § 63b SVG ist in angemessenem Umfang für Sach- und Vermögensschäden zu gewähren, die als Folge eines Einsatzunfalles im Sinne des § 63c Abs. 2 SVG entstehen. Zweckbestimmung des § 63b SVG ist es Schäden der Soldaten auszugleichen, die diesen in Folge der vom Dienstherren veranlassten Verwendung im Auslandseinsatz entstehen und gegen die eine persönliche Vorsorge nicht möglich war.

Entgegen im Internet sogar von anderen Rechtsanwälten veröffentlichter Beiträge greift ein Ausgleich nach § 63b SVG grundsätzlich auch bei einem Leistungsausschluss des privaten Unfallversicherers aufgrund der „Kriegsklausel“.

Dem Soldaten M. war eine persönliche Vorsorge gegen das realisierte Unfall-Risiko wegen der „Kriegsklausel“ nicht möglich, so dass ihm durch den bedingungsgemäßen Ausfall des privaten Unfallversicherers ein auszugleichender Vermögensschaden im Sinne des § 63b SVG entstand. Dass der Soldat M. lediglich versicherte Person, jedoch nicht Versicherungsnehmer war, ist insoweit entgegen der Ablehnungsentscheidung rechtlich unbeachtlich, denn die Wehrverwaltung verkannte in diesem Zusammenhang die Grundsätze der Versicherung für fremde Rechnung, wonach die Versicherungsleistung letztlich der versicherten Person zusteht. Darüber hinaus hatte Soldat M. die tatsächlichen Aufwendungen der Versicherung getragen.

Nachdem der Wehrverwaltung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorstehende Rechtslage verdeutlicht worden war, kam sie nicht umhin, ihre ablehnende Entscheidung zu revidieren und dem Soldaten M. den ihm nach dem Soldatenversorgungsgesetz zustehenden Ausgleich in Höhe der entgangenen Versicherungsleistung von über EUR 200.000,00 zu gewähren.