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VGH unterstellt eigenem Versicherungsnehmer Selbstmord

VGH scheitert über zwei Instanzen mit dem Versuch, sich ihrer Leistungsverpflichtung zu entziehen.

Bitte beachten Sie dazu auch den Beitrag unter Presse/Medien

Den 08.12.2007 wird Gisela F. nie mehr vergessen. An diesem Tag erhielt die 69-jährige Rentnerin Besuch von zwei Polizeibeamten, die ihr mitteilten, dass ihr Ehemann nur wenige Stunden zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Adolf F. ist in den frühen Morgenstunden des 08.12.2007 mit seinem Pkw auf der Landstraße in den Gegenverkehr geraten und dort frontal mit einem Lkw kollidiert. Jede Hilfe kam für ihn zu spät, er verstarb noch am Unfallort.

In der Folgezeit musste Gisela F. nicht nur den schmerzlichen und plötzlichen Verlust ihres Ehemannes verkraften, sondern sie sah sich auch noch den Schadensersatzansprüchen des Lkw-Eigentümers ausgesetzt. Die Witwe tröstete sich damit, dass zumindest diese Belastung sicherlich durch die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung aufgefangen würde.

Die VGH, bei der Herr F. sein Fahrzeug haftpflichtversichert hatte, dachte jedoch gar nicht daran, den Unfallschaden am Lkw zu regulieren, sondern berief sich darauf, dass Herr F. den Unfall vorsätzlich in Selbsttötungsabsicht herbeigeführt habe. Mit dieser Behauptung ging es der VGH darum, sich ihrer Einstandsverpflichtung für den Unfall zu entziehen, da nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Kfz-Haftpflichtversicherer nicht für vorsätzlich herbeigeführte Schäden haftet.

Nach umfänglicher Sachverhaltsaufklärung und Erörterung kam das Landgericht Stade zu dem Ergebnis, dass weder die von der VGH angeführten Indizien noch die Gesamtumstände des Einzelfalles für einen Selbstmord des Herrn F. sprächen. Die VGH, so das Landgericht, sei beweispflichtig für die von ihr vorgebrachte Behauptung, Herr F. habe Selbstmord begangen. Diesen Beweis habe die VGH nicht führen können. Vielmehr, so das Landgericht weiter, verblieben gewichtige Zweifel an einer Selbsttötungsabsicht des Herrn F.

Die VGH hat sich trotz aller Deutlichkeit mit der Entscheidung des Landgerichts Stade nicht abfinden wollen und der Witwe ihres verstorbenen Versicherungsnehmers anschließend auch noch eine zweite Gerichtsinstanz aufgebürdet.

Mit ihrer Berufung erlitt die VGH jedoch gleichermaßen „Schiffbruch“, da das Oberlandesgericht Celle das Urteil des Landgerichts Stade vollumfänglich bestätigte. Die VGH sah sich zur Vermeidung einer weiteren negativen Entscheidung gezwungen, die Berufung zurückzunehmen.

Woher Gisela F. die Kraft nahm, sich unmittelbar nach dem Ableben ihres Ehemannes dem Verweigerungsverhalten der VGH so energisch entgegen zu stemmen, weiß sie heute nicht mehr. Es hat sich für sie aber jedenfalls ausgezahlt.

Das gegen die VGH ergangene und in der Berufung bestätigte Urteil des Landgerichts Stade ist nachzulesen unter dem Aktenzeichen 5 O 212/08.