Dienstag, den 26. Oktober 2021 um 00:00 Uhr
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Bank-Einbruch: War der Tresorraum gut genug gesichert?

Auch Monate, nachdem Kriminelle durch die Decke der Filiale in den Tresorraum gelangten, warten Kunden auf Entschädigung.

von Jörg Riefenstahl

Erschienen im Hamburger Abendblatt vom 26.10.2021

Norderstedt. Es war einer der spektakulärsten Bankeinbrüche der vergangenen Jahre in Norddeutschland:

Mit einem Spezialbohrer schnitten Bankräuber Anfang August ein Loch in die Betondecke des Tresorraums der Haspa-Filiale an der Rathausallee in Norderstedt. Durch das Loch gelangten sie in den Tresorraum, brachen 600 der 1200 Schließfächer auf – und entkamen unerkannt mit ihrer Beute.

Wie konnten die Täter unbemerkt in den Tresorraum gelangen? Warum hat die Alarmanlage nicht ausgelöst? Gibt es eine heiße Spur? Fragen, auf die die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen bis heute keine Antworten gibt.

Haspa Norderstedt: Von Bank-Einbruch Betroffene warten auf Entschädigung

Was für die Opfer des Schließfach-Raubes aber noch schwerer wiegt: Fast drei Monate nach dem Bohrer-Einbruch bei der Haspa warten sie immer noch auf eine Entschädigung für ihr verlorenes Geld und ihre Wertsachen. Bis heute haben sie weder Abschlagszahlungen erhalten noch wurden Schäden insgesamt reguliert.

"Mit den betroffenen Kunden und Kundinnen befinden wir uns weiter im engen Austausch. Die Bestandsaufnahme sowie die daraus resultierende Ermittlung der individuellen Schadenshöhe sind noch 

nicht abgeschlossen", sagte Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg auf Anfrage des Abendblatts. Die Phase werde "auch noch etwas Zeit" in Anspruch nehmen, so die Sprecherin. "Hier bitten wir unsere Kunden und Kundinnen um etwas Geduld."

Anwalt äußert Zweifel an Qualität der Sicherheitssysteme

Das kann dauern: Bei einem Schließfach-Raub in einer Sparkassen-Filiale in Buchholz (Nordheide) im Jahr 2019 vergingen elf Monate, bis sich die Sparkasse mit allen geschädigten Kunden geeinigt und die Schäden reguliert hatte. Ein Verbraucherschutzanwalt aus Buchholz, der Schließfachkunden vertreten hatte, hatte bereits im Sommer kurz nach dem Bohrer-Coup in Norderstedt vor einer möglichen "Hinhaltetaktik" der Haspa gewarnt.

Der Anwalt äußerte zudem Zweifel, ob die Alarmsysteme der Haspa tatsächlich höchsten Sicherheitsstandards entsprechen, wie die Haspa stets betont.

Gab es im Tresorraum Videoüberwachung und Bewegungsmelder?

"Direkt nach dem Einbruch in Norderstedt im August haben wir vorsorglich zusätzliches Sicherheitspersonal engagiert. Dabei hat es sich um eine vorübergehende reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt. Wir fahren diese reine Vorsichtsmaßnahme jetzt sukzessive wieder zurück", sagt Stefanie von Carlsburg. Grundsätzlich gilt: Verschuldet ein Geldhaus den Verlust des Schließfachinhalts, muss es dafür zahlen.

Zur Frage, ob es im Tresorraum der Haspa in Norderstedt eine Videoüberwachung und Bewegungsmelder gegeben hat, wollte sich die Sprecherin nicht äußern. "Die Schließfachanlagen bei der Haspa sind durch professionelle Sicherungssysteme mehrfach geschützt. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu Details aus Sicherheitsgründen generell nicht äußern."

Haspa saniert den Tresorraum derzeit – von den Räubern fehlt jede Spur

Der Tresorraum mit den Schließfächern wird zunächst kernsaniert. Danach erfolgt der Einbau einer neuen Schließfachanlage. In die neue Anlage werden die dort verbliebenen Schließfächer integriert. Sie wird dieselbe Kapazität haben wie bisher – 1200 Schließfächer. Die neue Anlage soll im Laufe des Januars 2022 in Betrieb genommen werden kann.

Bleibt die Frage nach den Bankräubern. Berichte, wonach es beim Haspa-Raub in Norderstedt einen Zusammenhang mit Clan-Kriminellen geben soll, bestätigt weder die Hamburger Polizei noch die Polizeidirektion Segeberg.